In Liebe und stiller Trauer um Jeanne Andresen

Wir trauern um unsere Mitstreiterin, enge Freundin und Partnerin Jeanne Andresen, die am 16.09.2021 nach schwerer Krankheit verstorben ist. Du wirst für immer unvergessen bleiben und uns schmerzlich fehlen.

Die Beisetzung fand am 12. Oktober 2021 auf dem Gerresheimer Waldfriedhof in Düsseldorf statt.
Wir danken Jeannes Freund und Kollegen Sascha Cosar für die Trauerrede, die wir hier als Nachruf veröffentlichen möchten:

Für Jeanne
Jeder Mensch, der geht, hinterlässt eine Lücke.
Doch manchmal sind diese Lücken besonders groß und schmerzhaft.
Weil dieser Mensch so besonders war.
Weil er viel zu früh gehen musste.
Weil er so vielen anderen Menschen so viel bedeutet hat.
Jeanne war so ein Mensch.
Und wir können alle noch nicht wirklich fassen, dass sie nicht mehr da ist.

Ein Blick zurück in die frühen 80er. Jeanne fällt auf. Mit schillernder Schminke, außergewöhnlichen Frisuren und selbstgeschneiderten Kleidung lebt sie ihre Kreativität in der Punk-Szene der Ratinger Straße aus. Noch kann sie nicht ahnen, wie sehr diese Zeit als Schülerin sie prägen wird: Jeanne verlor danach nie ihre Liebe zu Subkulturen, lebte Punk, lebte Rock’n’Roll, stöberte noch Jahrzehnte später mit Leidenschaft durch die Londoner Boutiquen von Vivienne Westwood.

Nach dem Abitur engagiert sie sich dann im Umfeld der Düsseldorfer Kiefernstraße. Der Kampf gegen Rechts, gegen Populismus und jede Form von Diskriminierung bildet seit der Geschichte ihres Großvaters Theodor Andresen eh die DNA der Familie. Und auch seiner Enkelin ist es immer wichtig, nicht nur von Widerstand zu reden sondern Taten sprechen zu lassen, auch im strömenden Regen auf Demos zu gehen und hilfsbedürftige Menschen zu unterstützen. Jeanne packt immer mit an, wenn eine helfende Hand gebraucht wird. Und spendet gerne, auch wenn sie selber damals kaum Geld hat.

Jeanne studiert Germanistik und – natürlich –  Geschichte. Um finanziell unabhängig zu werden, jobbt sie in den frühen 90ern als Kellnerin im „Arcari“. Durch ihre offene und schlagfertige Art lernt sie dort halb Düsseldorf kennen. Und bringt Menschen aus den verschiedensten Ecken zusammen. Jemand hat ein Problem oder sucht etwas Bestimmtes? Jeanne kennt immer den richtigen Kontakt. So baut sie schon komplexe soziale Netzwerke auf, lange bevor Facebook und Instagram überhaupt angedacht waren.

Wo sie auch auftaucht: Jeanne steht im Mittelpunkt. Ihr ansteckendes Lachen und die unbändige Lockenmähne werden zu ihren Markenzeichen, sie wird als Tänzerin und Sängerin für Events engagiert, mischt die Partyszene auf, tritt immer extrem stilbewusst auf, lässt sich sogar zur Damenschneiderin ausbilden.

Parallel zu dieser Ausbildung kellnert Jeanne im „Fiasko“ in Bilk. Diese Kneipe wird in zweierlei Weise ihr weiteres Leben beeinflussen. Das „Fiasko“ ist Stammlokal für Düsseldorfer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des WDR. Und natürlich kommt Jeanne mit ihnen ins Gespräch und macht Eindruck. Kein Wunder, denn diese Frau macht halt immer Eindruck. Aus den Kneipen-Kontakten entsteht ein Job-Angebot. Jeanne arbeitet jetzt für die „Aktuelle Stunde“, ihr erster Schritt in den Journalismus. Den zweiten macht sie dann für die Westdeutsche Zeitung. Sie wird Gerichtsreporterin der WZ, berichtet über Verbrechen in NRW, redigiert dank ihres Sprachgefühls auch die Texte Ihrer Kolleginnen und Kollegen.

Doch im „Fiasko“ wird nicht nur eine berufliche Weiche gestellt. Hier lernt sie auch Henning kennen. Sie heiraten und 2001 kommt schließlich Ole zur Welt. Aus der Königin der Nacht wird eine liebevolle Mutter mit einem ganz neuen Lebensmittelpunkt.

Jeanne nimmt sich eine berufliche Auszeit und wechselt dann in die Neusser Lokalredaktion der WZ. Die Zeiten ändern sich, das Internet wird immer prägender und da sich Jeanne schon immer für neuen Medien begeistert, arbeitet sie bald als freie Online-Redakteurin für Vodafone. Mit Erfolg. Vodafone baut gerade ein neues Texter-Team auf, Jeanne bekommt eine Festanstellung und kümmert sich jetzt um Kundenkommunikation. Dank ihr wird jede SMS, jeder Brief, jede Online-Werbung von Vodafone noch verständlicher, freundlicher, menschlicher. Und ganz nebenbei erobert sie mit ihrer Hilfsbereitschaft und ihrem Charme auch ihr neues Kollegium im Sturm. Ein echter Team-Player halt.

Auf privater Ebene ist seit 2009 mit Andy ein neuer Mann an ihrer Seite. Man kennt sich schon seit Ewigkeiten von der Ratinger, aber jetzt sind sie ein Paar und genießen gemeinsam das Leben und ihre Liebe.  

Zusammen mit den guten Freunden Roman und Georg ermutigt Andy sie, 2015 ein ganz besonderes CD-Projekt zu realisieren. Mit „Aktion Rheinland – Widerstand gestern, heute, morgen“ bringt Jeannes die Geschichte ihres Großvaters und der anderen Mitglieder der Gruppe Aktion Rheinland einer neuen Generation näher. Die Musik-CDs werden an 20.000 Düsseldorfer Schülerinnen und Schüler verteilt, begleitet von Konzerten und Info-Veranstaltungen. Kein anderes Projekt ist Jeanne wichtiger und der Stolz darüber wird nur noch übertroffen, als Ole im Corona-Jahr 2020 sein Abitur macht.

Ole hat sie natürlich von Kindesbeinen an ganz im Geiste der Aktion Rheinland erzogen. Jeanne wird Stellvertretende Vorsitzende des Förderkreises der Mahn-und Gedenkstätte Düsseldorf. Und dieses Ehrenamt und die Arbeit der Gedenkstätte sind ihr eine Herzenssache; aus tiefer Überzeugung trägt sie auch nach dem Tod ihrer Eltern Uschi und Dieter das Familienerbe weiter. Es ist ihr Wunsch und Selbstverständnis, in ihrer Heimatstadt etwas zu bewegen und nachhaltig zu verändern, Menschen Mut zu machen, selber aktiv zu werden – gegen Rassismus und Engstirnigkeit, für Demokratie und Menschenrechte, gegen den Hass. Jeanne unterstützt auch dieses Team und dessen Arbeit an so vielen Stellen, hat immer neue Ideen und Ansätze.

So viel sozialer Einsatz, aber auch so viel Lebensfreude: Das Familienleben steht über allem, Feste werden mit aufwändigem Essen gefeiert, ihre Gans mit Rotkohl an Weihnachten wird legendär. Jeanne liebt das Reisen, besucht Ausstellungen, Lesungen, unzählige Konzerte, geht ins Kino, ins Theater und alle zwei Wochen zur Fortuna ins Stadion.

Mit dieser Urkraft, mit dieser unbändigen Energie hat Jeanne bis zum Schluss ihr Leben ausgekostet. Noch auf der Palliativ-Station endeten die Abende mit Rotwein auf der Terrasse. Zusammen mit ihren Freundinnen und Freunden, mit ihrer Familie, mit Andy und Ole, die immer bei ihr waren.

Durch ihr herzensgutes Wesen, durch ihre unwiderstehliche Art hat Jeanne uns alle beeindruckt. Selbst wenn man sie nur kurz kennenlernen durfte, erinnert man sich mit einem Lächeln an sie.

Jeder Mensch, der geht, hinterlässt eine Lücke.
Aber er hinterlässt auch ganz besondere Spuren.
Hinterlässt wunderbare Erinnerungen.
Hinterlässt ein Lächeln.

Das bleibt.
Jeanne bleibt.
Vielen Dank, dass Du bei uns warst.

Wir trauern um unsere Mitstreiterin, enge Freundin und Partnerin Jeanne Andresen, die am 16.09.2021 nach schwerer Krankheit verstorben ist.
Jeanne Andresen
(03.10.1967 – 16.09.2021)

Foto: Uwe Weber / Zeitraster Photography

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://aktion-rheinland.de/in-liebe-und-stiller-trauer-um-jeanne-andresen/